Falstaff | Chinas Weinkrise: Erkenntnisse aus erster Hand von Lenz Maria Moser

Der einst boomende chinesische Weinmarkt steckt aktuell in der Krise. In den letzten fünf Jahren hat sich der Weinkonsum im Reich der Mitte halbiert. Trotz aller Schwierigkeiten sieht Lenz Maria Moser, der seit 20 Jahren in China aktiv ist, Anzeichen für eine mögliche Erholung. Mit Château Changyu Moser XV setzt er auf etwas, das Chinas Weinen bisher fehlte: Authentizität.

28.02.2025

0,6 Liter. So viel Wein wurde im Jahr 2023 in China pro Kopf konsumiert. Im Vergleich zu uns Europäer:innen ist das eine homöopathische Menge. Portugies:inneen etwa, die Weltmeister:innen im Pro-Kopf-Konsum, trinken pro Jahr satte 67,5 Liter Wein, was etwa 50 Flaschen entspricht.

In der Schweiz, die in dieser Statistik auf Platz vier liegt, fliessen jährlich 35,5 Liter Wein die Kehlen hinab. «Bei einem Pro-Kopf-Verbrauch von 0,6 Litern kann man meiner Meinung nach keinesfalls von einem echten Weinmarkt sprechen», bemerkt Lenz Maria Moser. Einer, der sich im Reich der Mitte auskennt.

Lenz Maria Moser.

Foto beigestellt

Lenz Maria Moser.

Moser, der aus einer der wichtigsten Weindynastien Österreichs stammt, feiert in diesem Jahr ein China-Jubiläum: Seit 20 Jahren arbeitet er mit Changyu zusammen – der ältesten und grössten Weinkellerei Chinas. Zehn Jahre lang als Importeur der Weine, seit 2015 im Rahmen des Joint Ventures Château Changyu Moser XV. Einer von insgesamt acht Changyu-Domänen, benannt nach Moser. 2015 bezeichnet er heute als Schlüsseljahr.

«Ich war damals nicht ganz mit der Weinqualität von Changyu zufrieden. Daraufhin sagte man mir, ich solle es doch selbst machen, statt zu nörgeln. Zwei Tage später war der Vertrag da und ich drei Monate lang in China, um alles aufzugleisen», erinnert sich Moser. Damals boomte der Weinkonsum in China, 2013 wurde sogar mehr Rotwein als in Frankreich konsumiert. Wein galt als Social Drink, weiss Moser zu berichten. Egal ob Business, Familie oder Freund:innen: Es wurde gebechert, was das Zeug hält. «Ganbei bis zum Umfallen».

«Let the berries speak»

Als Schmiermittel diente Wein auch in Geschäftsbeziehungen. Um diese zu pflegen wurden teure Flaschen verschenkt, Supermarktregale waren voll mit Wein-Geschenkboxen. «Heute ist das anders. Corporate ist nicht mehr, dafür hat die Politik gesorgt, was zum Teil gut ist, finde ich. Damit hat man die Exzesse reduziert. Gifting ist auch weniger geworden, weil Wein heute nicht mehr diese Anmut hat. Die Chinesen verschenken lieber Baijiu, einen Getreidebrand, der in Tongefässen gereift wird und ziemlich teuer ist. Ein Milliardengeschäft», erzählt Moser. Ob sich der chinesische Weinmarkt in Zukunft erholen wird, kann auch er nur erahnen.

Das Château Changyu Moser XV.

Laut Moser existieren diesbezüglich aber zwei Denkschulen. Die konservative geht davon aus, dass es sehr, sehr lange dauern wird, bis der Weinkonsum in China wieder anzieht. Die zuversichtliche davon, dass sich in China aktuell eine neue wissbegierige, von Frauen dominierte Käuferinnenschicht formiert, die China zum echten Weinmarkt transformieren könnte. Wie lange das dauern wird? «Ich bin der Meinung, dass es rasch geht, weil in China immer alles rasch geht. Man muss bedenken, dass wir erst vor zehn Jahren begonnen haben, ordentliche Weine zu machen. Heute sind wir in Fachkreisen bekannt und müssen uns keinesfalls verstecken, sondern spielen in der Top-Liga mit», erläutert Moser.

Die neuen chinesischen Weinliebhaber:innen jedenfalls wollen mehr als eine gute Bordeaux-Kopie, sie verlangen nach Authentizität. Dessen sind sich Moser und seine Business-Partner bewusst, weshalb sie das Thema zwei Jahre lang intensiv diskutiert haben. Nun steht das nächste Level bei Château Changyu Moser XV an. In Zukunft will man die Trauben für sich sprechen lassen, Frucht und Eleganz in den Fokus stellen.

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«Let the berries speak», nennt Moser das und verweist auf die besonders kleinen, konzentrierten Cabernet-Sauvignon-Beeren, die im Wüstenklima der Region Ningxia gedeihen. Diesen einzigartigen Charakter so unverfälscht wie möglich auf die Flasche zu bringen lautet das Ziel. Konkret heisst das laut Moser: Den Holzeinsatz zurückfahren, Umstieg auf 500-Liter-Fässer, keine technische Manipulation im Keller, Weine mit weniger Alkohol und natürlich biologischer Anbau, möglichst biodynamisch. Das sind die Pfeiler für die Zukunft von Château Changyu Moser XV und vielleicht auch die für das neue Selbstverständnis von Chinas Weinsektor.

Die Weine von Chateau Changyu Moser XV sind in der Schweiz bei Schuler erhältlich.

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